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Die Katze ist aus dem Sack: schlechte Nachricht für alle Nutzer*innen von Bus und Bahn

Bus VER CC-BY-SA-2.5/2.0/1.0 Martin Hawlisch
CC-BY-SA-2.5/2.0/1.0 Martin Hawlisch

In der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses des Kreistages in Schwelm wurden die Pläne der Verwaltung für das Nahverkehrsangebot im Ennepe-Ruhr-Kreis vorgestellt. Es sieht schlimm aus, denn es wurde schnell klar, dass nur noch die wichtigsten Buslinien gefahren werden sollen. Insgesamt soll das ÖPNV-Netz im ganzen Ennepe-Ruhr-Kreis weiter zusammengekürzt werden. Das wird den Alltag der Menschen, die auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, deutlich schwerer machen.

Weniger Bus als bereits jetzt geht nicht, deshalb werden einige Regionen in unseren Städten nur noch durch Anruf-Sammeltaxis bedient werden. Hier sollen die Busse also gar nicht mehr nach Fahrplan fahren. Bewohner*innen dieser Wohngebiete werden abgehängt und sind in Zukunft auf ein eigenes Auto angewiesen. Dazu gehört zum Beispiel die Elfringhauser Schweiz in Hattingen, aber auch die gesamte Stadt Breckerfeld soll der Kürzung des Angebotes zum Opfer fallen und in den Abendstunden nicht mehr bedient werden. Viele Linien will man auf den unattraktiven Stundentakt ausdünnen, verpasst man also seinen Bus kann man getrost wieder nach Hause gehen. In anderen Regionen setzt man bereits jetzt auf die Ausbeutung von Ehrenamtlichen durch so genannte „Bürgerbusse“. Dabei wird die Aufgabe der Kommunen auf freiwillige Bürger*innen übertragen, die bestimmte Buslinien fahren. Es handelt sich um eine ehrbare Sache, seinen Mitmenschen Mobilität zu ermöglichen. Es ist allerdings für ein reiches Land beschämend und schädlich Arbeitsplätze durch Ehrenamt zu ersetzen. Diese Idee sollte endlich aufgegeben werden.

Der wesentliche Gedanke hinter dem Entwurf zum Nahverkehrsplans: Der Kreis leistet nur noch, wozu er gesetzlich verpflichtet ist, denn Bus und Bahn gehören zur Daseinsvorsorge. Wenn die Ausdünnung des Angebots zum Leid der Bürger*innen ausfällt, sollen die Städte auf eigene Kosten Buslinien dazu bestellen können. Was sich nach einem Besuch im Schnellrestaurant anhört, wo der Kunde sich sein eigenes Menü zusammenstellt, ist ein schädlicher Trick. Viele Städte im Kreis, wie Hattingen, Schwelm und Witten, können gar keine eigenen Ausgaben für ein Zusatz-Angebot tätigen, weil sie in einem Haushaltssicherungskonzept stecken, das solche Ausgaben verbietet. Die einzige Stadt, die wahrscheinlich dazu in der Lage wäre, ist Breckerfeld. Sie ist zufällig die Gemeinde, der man auch den letzten Bus noch streichen möchte, der sie mit dem Kreis verbindet. Sie soll wohl selbst zur Kasse gebeten werden. Dadurch entstehen Wettbewerbsdenken und Konkurrenz zwischen den Städten des Kreises und ein feinmaschiges Netz von Buslinien droht zu einem ungeplanten Gebinde zu werden. Der Kreis soll den ÖPNV eigentlich organisieren, um seine übergeordnete Rolle zu nutzen, damit die Städte sinnvoll miteinander verbunden werden. Wenn Buslinien durch die Städte bestellt werden sollen, drohen sie an Stadtgrenzen zu enden oder nur dem Herankarren von Kunden für die eigene Innenstadt zu dienen.

Insgesamt sind die Rückschritte im ÖPNV nicht zeitgemäß, denn Bus und Bahn stellen die Mobilitätsinfrastruktur des 21. Jahrhunderts dar. Sie sind ökologischer und ökonomischer als der Individualverkehr mit dem Auto. Ein völlig unattraktives Angebot kann niemals Kunden gewinnen und die Einnahmen durch Ticketerlös steigern. Deshalb fahren viele Menschen in unseren Städten auch nicht gerne mit dem Bus. Es ist dringend nötig eine Diskussion, um die solidarische Finanzierung unserer Mobilität zu führen. Bereits heute reichen die Einnahmen durch Tickets nur noch, um die Hälfte der Kosten unseres Bus-Angebotes zu decken. Die andere Hälfte wird aus Haushaltsmitteln des Kreises bezahlt. Wir wünschen uns einen fahrscheinlosen ÖPNV, bei dem auch die andere Hälfte durch den Kreis gedeckt wird. Dadurch würden hohe Kosten für Ticketkontrolle und Verkauf entfallen und die Attraktivität des ÖPNV würde gesteigert werden. Mit vielen Nutzer*innen lohnt sich dann ein feinmaschiges Netz und Haltestellen in direkter Wohnumgebung, sodass die Mobilität der Menschen gesteigert würde. Die Straßen würden von herumstehenden Autos und dichtem Verkehr befreit.
Eine Ausdünnung des Angebotes hingegen ist auch in Anbetracht des Klimwandels und der drohenden Altersarmut viele Bürger*innen in unserem Kreis völlig fehl am Platz. Nun sind wir alle aufgefordert uns gegen diese Rückschritte auszusprechen. Die Piratenpartei im EN-Kreis wird sich mit allen Möglichkeiten für den Ausbau des Busnetzes einsetzen, anstatt in seinen Abgesang einzustimmen.