Bisher war das Ziel für den Breitbandausbau 50Mbit/s bis 2018. Dieses Ziel wurde nicht erreicht und wenn es nicht einen Regierungswechsel in NRW gegeben hätte, gäbe es jetzt niemanden der so offen zugeben würde. Der neue Plan lautet jetzt Glasfaser bis 2025.
Gemeint ist Glasfaser bis ins Gebäude oder sogar in die Wohnung. Über Geschwindigkeiten braucht man sich bei dieser Technik nicht unterhalten. Wenn die Fasern liegen ist die Welt nach oben offen. Der Ausbau mit Kupfer führt in die Sackgasse. Das sieht inzwischen auch endlich die neue alte Bundesregierung so. Herr Pinkwart nennt den neuen Plan “Masterplan Gigabit”.
Was ist jetzt eigentlich so neu an dem Masterplan Gigabit von Herrn Pinkwart?
Erneut geht es darum, Anbieter zum Ausbau anzuregen, und dafür Fördergelder aus Landes- und Bundesmitteln zur Verfügung zu stellen. Auch diesmal geht es besonders darum, den Unternehmen den Ausbau auch in weniger attraktiven Gebieten schmackhaft zu machen. Aber ist das wirklich das Problem?
Kein Markt
Versetzen wir uns für einen Augenblick in die Lage eines dieser Unternehmen. Beispielsweise die Telekom. Die Telekom ist größter Anbieter von Internetanschlüssen. Die meisten Internetanschlüsse basieren auf einer Vorleistung der Telekom. Je nachdem, ob sie nur die Vorleistung liefert oder direkt den Vertrag mit dem Endkunden hat, kassiert sie, grob geschätzt, dafür zwischen 20-40 Euro im Monat pro Anschluss. Wenn sie ausbaut verdient sie an jedem Wechsleranschluss zwischen 5-10 Euro mehr. Das ist also der Betrag, aus dem der Anreiz entstehen soll, den Ausbau aus eigenem Antrieb voran zu treiben. Ein anderer Anreiz wäre es, den Kunden sonst zu verlieren. Als Kunde will man natürlich nicht ohne Internet sein, aber man findet keine Alternative also bleibt man. Maximal wechselt ein Kunde den Vertragspartner. Der Infrastrukturanbieter bleibt aber der gleiche.
Einen Markt um Internetanschlüsse gibt es nur bei den Vertägen, nicht aber bei der Infrastruktur.
Unabhängig von der Besiedlungsdichte hat die Telekom also keinen eigenen Anreiz auszubauen. Dort wo es geschieht, gab es meist eine Initiative von anderer Seite mit neuer Infrastruktur in Konkurrenz zu gehen. Aber es ist schwer für andere Anbieter eigene Infrastruktur zu verlegen. Die Schwierigkeiten liegen nicht nur in der technischen Umsetzung, sondern vor allem in der Finanzierung. Der Aufbau einer komplett neuen Infrastruktur ist nur dann finanziell tragbar, wenn sich genügend Kunden auch tatsächlich zum Wechsel entscheiden. Bei Mietwohnungen gibt es zwei Parteien, die bei einem Anschluss diese Entscheidung treffen müssen. Die neuen Anbieter starten deshalb meist zunächst Kampagnen, um den aktuellen Bedarf festzustellen und Vorverträge abzuschließen. In solche Kampagnen grätscht dann oft die Telekom mit der Ankündigung von eigenem Ausbau.
Hier im Ennepe-Ruhr-Kreis haben wir so etwas auch in abgewandelter Form erlebt. Als Netcologne angekündigt hat, in Hattingen und Witten den Ausbau mit Vectoring-Technik durchzuführen, hat die Telekom für den Rest des Kreises eilig nachgezogen. Aber natürlich bauen beide Unternehmen nur mit Vectoring-Technik aus. Das dient gewissermaßen dazu das Gebiet abzustecken. Es wird dadurch bis auf weiteres keinen anderen Anbieter geben, der jetzt noch im Ennepe-Ruhr-Kreis ein Glasfasernetz (FTTB) ausbauen möchte.
Kein Glasfaserausbau
Zurück zum Masterplan von Herrn Pinkwart. Auch dieser Plan beruht auf der irrigen Annahme, es gäbe einen Markt für den Ausbau der Infrastruktur, den man, um eine volle Flächendeckung zu erzielen, in den Randgebieten unterstützen müsse. Diese Annahme führt deshalb nicht zum Ziel, weil es diesen Markt in der Infrastruktur nicht gibt. Bei der Infrastruktur gibt es nur Gebietsmonopole, die verteidigt und erobert werden. Bei diesem Ausbau geht es dann nicht darum, die beste Technik für die Zukunft zu verlegen, sondern die kurzfristig günstigste Technik zu verlegen, um das Gebiet für die Konkurrenz unattraktiv zu machen. Es geht darum wechselwilligen Kunden die Motivation zu nehmen, auf den neuen Anbieter zu setzen. Für die Telekom ist Vectoring das Mittel der Wahl. Es kommt dann auch nicht darauf an, dass viele Kunden tatsächlich neu Verträge mit der Telekom für die schnellere Technik abschließen. Wichtig ist nur, dass sie es könnten. Damit entzieht man der Konkurrenz die Aussicht auf Erfolg und kann sich für die nahe Zukunft entspannt zurücklehnen. Später wird sich das dann mit Supervectoring wiederholen.
Und immer wieder wird es Haushalte und Unternehmen geben, die abgehängt bleiben. Denn die Kupfertechnik hat mit den hohen Geschwindigkeiten nur noch eine Reichweite von wenigen hundert Metern und rechnet sich nur wenn im Umkreis eines Verteilerkastens genügend Teilnehmer existieren. Für dünn besiedelte Gebiete ist dann auch die Förderung keine Hilfe, denn nur Glasfasern sind in der Lage entfernte Teilnehmer günstig in das Netz einzubinden.
Den Glasfaserausbau wird es deshalb so nicht geben, auch nicht bis 2025.
Was wäre besser?
Die Telekom operiert als marktwirtschaftliches Unternehmen innerhalb der Rahmenbedingungen, die von der Politik gesetzt werden. Der Fehler liegt in den Rahmenbedingungen.
Die öffentliche Hand müsste direkt in Ausbaumaßnahmen in der Fläche investieren, statt lediglich einen Markt in den Randgebieten unterstützen zu wollen. Da ist es dann auch egal wie einfach oder kompliziert die Beantragung der Fördergelder ist. Notfalls muss man stattdessen eigene Unternehmen gründen, die dann die Installation eines Glasfasernetzes betreiben und dieses dann den Zugangsanbietern zur Verfügung stellen. So könnte dann auch die Finanzierung funktionieren. Die öffentliche Hand hat einen längeren Atem als marktwirtschaftliche Unternehmen. Deshalb muss sich der Aufbau der Infrastruktur nicht in kurzer Zeit über Einnahmen refinanzieren.
Oder man erlässt ein Gesetz, das festschreibt, dass das Anbieten von Internetzugängen eine Konzession erfordert, die Mindeststandards und flächendeckende Versorgung zur Bedingung macht.
Nix dazugelernt
Fördergelder für unattraktive Randgebiete, und sei es noch so einfach diese zu beantragen, werden jedenfalls keine Verbesserung bringen. Es wäre wieder das alte Prinzip, das gescheitert ist.
Die neuen Pläne der Bundes- und der Landesregierung sind also die alten. Etwas aufgepeppt, indem man neue, höhere Ziele nennt und verspricht, dass es diesmal wirklich klappt. Das Verständnis, warum es bisher nicht funktioniert hat, fehlt nach wie vor.
Solche Förderprogramme, die lediglich den Ausbau in Randgebieten fördern und nicht direkt in den Ausbau der Infrastruktur investieren, stützen bestehende Gebietsmonopole und bremsen so den Breitbandausbau statt ihn zu befördern.
Warum finanzieren Steuergelder den Ausbau von Infrastruktur in privater statt in öffentlicher Hand?
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