Nun ist er also da. Der Anfang vom Ende des freien Internets. Ja sicher, so wollen sie uns gerne glauben machen. Alle die, die da auf den Straßen waren, in den vergangen Tagen und Wochen, die millionen Unterschriften gesammelt haben, um sie bedeutungsschwer im Straßburger Europaparlament an die Abgeordneten zu übergeben, die diese digitale Urheberrechtsreform maßgeblich mit auf den Weg gebracht haben. Zensoren aus ihrer Sicht. Wenn Internet-Konzerne angemessen zur Kasse gebeten werden, falls sie geschütztes geistiges Eigentum online weiterverbreiten möchten, dann ist das keine Zensur, sondern ein Gebot des Anstandes. Damit wird zwar das im Netz beinahe schon selbstverständlich gewordene Versprechen gebrochen, dass darin alles kostenlos zu haben wäre, aber dieses Versprechen ist von Anfang an falsch gewesen. Und vor allem: von dieser Kostenlosmentalität haben bisher nicht in erster Linie Millionen und Abermillionen Internetnutzer profitiert, sondern vor allem die wenigen Internet-Giganten aus dem Silicon Valley. Dass nicht einmal sie selbst diese Reform als existenzbedrohlich empfinden, das zeigt am besten die YouTube-eigene Twitter-Mitteilung unmittelbar nach dem Votum von heute in Straßburg. Da ist nämlich diffus davon die Rede, dass die Reform Folgen haben könnte, die Europas Kreativ- und Digitalwirtschaft schaden könnten. Ja, könnten oder auch nicht. Die einzig wirkliche Folge wird sein, dass es unbequemer wird für die Internet-Riesen. Und genau das ist gut so.WDR „Zwischenruf“ von Holger Beckmann
Beckmanns Blickwinkel
Beckmann macht sich zum Fürsprecher aller entrechteter Urheber. Er hält sich sicher selbst für einen solchen, argumentiert und betrachtet die neue Richtlinie aus der Sicht eines Betroffenen, der für sein Recht kämpft. Jeder, der Kritik an dem heilsbringenden Machwerk übt, ist für ihn ein Feind. Und genau deshalb teilt er hart aus. Die Vielen setzen sich für die wenigen Mächtigen ein, die ihm sein Recht streitig machen wollen. Im Fokus stehen für ihn die „Internet-Giganten“. Diese verdienen angeblich Milliarden an den Werken von Urhebern, während sie sich dabei hinter den meist anonymen Nutzern Ihrer Plattformen verstecken. Nach bisheriger Urheberrechtssprechung waren die Plattformen aus dem Schneider, wenn sie die fraglichen Inhalte nach Aufforderung offline stellten. Den Verursacher des Urheberrechtsschadens, der Nutzer, der den geschützten Inhalt hochgeladen hat, bekam man nicht zu fassen. Deshalb scheint es sinnvoll, von den finanziellen Profiteuren dieses Unrechts zu verlangen, die Verantwortung zu übernehmen und notfalls zu haften.
Ein wenig Magie wird es schon richten
Ein magisches Hilfsmittel namens KI wäre die Lösung. Automatisch würde diese erkennen, ob ein Inhalt geschützt ist oder nicht und diesen dann durchlassen oder sperren. Wie das genau funktionieren soll, ist Sache derer, die sich damit auskennen. Eigentlich will man ja auch gar nicht, dass Inhalte von den Plattformen verschwinden, sondern man möchte nur auch an den dadurch erzielten Einnahmen teilhaben. Insofern ist die Filterfunktion auch nicht das eigentliche Ziel der Richtlinie.
Aus Sicht der Betroffenen ist dieser Blickwinkel also genau richtig – im Visier die großen Konzerne aus dem Silicon Valley und deren milliardenschweren Einnahmen.
Aber bald schon kamen Kritiker mit ersten Bedenken.
Was ist mit zum Beispiel mit Wikipedia?
Ach ja, da machen wir eine Ausnahme, lautete die Antwort.
Und was ist mit Startups?
Ach ja, da machen wir auch eine Ausnahme, aber nach drei Jahren ist Schluss mit Schonfrist, schließlich wollen die ja auch nur mit unseren Inhalten Geld verdienen.
Könnten denn Uploadfilter nicht die Meinungsfreiheit einschränken und hat es da nicht auch schon ein Urteil gegeben?
Ach ja, das formulieren wir um, damit wir das nicht mehr vorschreiben und was die Plattformbetreiber machen müssen sie selbst verantworten.
Diskreditierung statt Argumente
Als die Argumente gegen den schönen Plan immer zahlreicher wurden, ist man dann dazu übergegangen, die Kritiker zu diskreditieren. Erst waren sie der Mob oder Bots.
Dann waren sie eine sicher uninformierte und instrumentalisierte Jugend. Die väterliche Art mit der Axel Voss nach der Entscheidung seine Kritiker beruhigte mit den Worten, Dadurch wird sich für Euch nichts ändern. ähnelt der Art, wie man einem weinenden Kind einreden möchte, dass die Schramme am Knie gar nicht so schlimm ist, um es zu beruhigen.
Längst war der Punkt überschritten an dem man in grenzenloser Selbstüberschätzung eine Richtlinie auf jeden Fall durchpeitschen wollte. An dem man nicht mehr zuhören, sondern nur noch möglichst bald abstimmen wollte, um bis dahin nicht zu viele Stimmen im EU-Parlament einzubüßen.
Mehr Macht für die Internet-Platzhirsche
Wenn Herr Beckmann auf den Tweet von YouTube verweist und erklärt, dass es die, die man eigentlich hart treffen wollte, in Wahrheit gar nicht groß stört, dann würde ich mir an seiner Stelle Gedanken machen, ob nicht er selbst instrumentalisiert wurde. Denn nicht er als Urheber wird endlich zu seinem Recht kommen, sondern die Verwerter seiner Rechte. Und den etablierten Machthabern, den Spitzenpolitikern und oberen 1 % verhilft die Richtlinie dazu, mehr Kontrolle über das Netz zu erlangen. Die Internet-Riesen bauen ihre Vormachtstellung auch dank der neuen Richtlinie aus. Denn potentielle Konkurrenz muss jetzt eine Hürde mehr nehmen, um ein Geschäftsmodell zu entwickeln, dass sich gegen die heutigen Platzhirsche durchsetzen oder wenigstens neben ihnen bestehen kann.
Im Internet sind alle Urheber
Da der Begriff „urheberrechtlich geschütztes Werk“ auf so ziemliches alles zutrifft, was im Internet veröffentlicht wird, konzentriert sich die Macht auf wenige Plattformen. Private Projekte, die nicht auf Gewinn, sondern lediglich auf Kostendeckung ausgerichtet sind, werden immer unter dem Verdacht stehen, kommerziell zu handeln. Und deshalb gelten für sie die Regeln der Richtlinie genauso, wie für die großen Plattformen. Die Ausnahme gilt nämlich nur drei Jahre und kennt danach keine Untergrenze was den Jahresumsatz angeht.
Ich schwanke noch, ob das nur die Unwissenheit der Macher oder schlicht Absicht ist. Fakt ist, dass sich Herr Beckmann mit seinem Kommentar zum Steigbügelhalter macht und verkennt, welche Gefahr von dieser Richtlinie für die vielen Plattformen jenseits der „Internet-Giganten“ ausgeht.
Man muss sich mal vor Augen führen, dass jeder Text mit einer gewissen Schöpfungshöhe urheberrechtlich geschützt ist. Allein schon die simple Frage, ob ein Text eine Schöpfungshöhe erreicht, kann nicht automatisiert beantwortet werden. Und ob ein unbekannten Uploader selbst der Urheber eines Textes ist, kann niemand automatisiert feststellen.
Die Internet-Ausdrucker haben es vermasselt
Kennen die Macher der Richtlinie Plattformen wie GitHub? Wie soll man auf einer solchen Plattform die ganzen Forderungen aus der Richtlinie umsetzen?
Es ist halt dumm, wenn man denkt, alle anderen hätten keine Ahnung und man könne ihre Argumente ignorieren.
Diese Internet-Ausdrucker haben es total vermasselt. Sie denken, sie hätten nur ein paar jugendlichen Handy-Streichlern den Spaß verdorben und gezeigt, wie das wirkliche Leben ist.
Ein Kommentar von WDR-Redakteur Holger Beckmann macht deutlich worin der Denkfehler der Befürworter insbesondere von Artikel 15 und Artikel 17 (vormals 11 und 13) der neuen Urheberrechtsrichtlinie der EU machen:
Beckmanns Blickwinkel
Beckmann macht sich zum Fürsprecher aller entrechteter Urheber. Er hält sich sicher selbst für einen solchen, argumentiert und betrachtet die neue Richtlinie aus der Sicht eines Betroffenen, der für sein Recht kämpft. Jeder, der Kritik an dem heilsbringenden Machwerk übt, ist für ihn ein Feind. Und genau deshalb teilt er hart aus. Die Vielen setzen sich für die wenigen Mächtigen ein, die ihm sein Recht streitig machen wollen. Im Fokus stehen für ihn die „Internet-Giganten“. Diese verdienen angeblich Milliarden an den Werken von Urhebern, während sie sich dabei hinter den meist anonymen Nutzern Ihrer Plattformen verstecken. Nach bisheriger Urheberrechtssprechung waren die Plattformen aus dem Schneider, wenn sie die fraglichen Inhalte nach Aufforderung offline stellten. Den Verursacher des Urheberrechtsschadens, der Nutzer, der den geschützten Inhalt hochgeladen hat, bekam man nicht zu fassen. Deshalb scheint es sinnvoll, von den finanziellen Profiteuren dieses Unrechts zu verlangen, die Verantwortung zu übernehmen und notfalls zu haften.
Ein wenig Magie wird es schon richten
Ein magisches Hilfsmittel namens KI wäre die Lösung. Automatisch würde diese erkennen, ob ein Inhalt geschützt ist oder nicht und diesen dann durchlassen oder sperren. Wie das genau funktionieren soll, ist Sache derer, die sich damit auskennen. Eigentlich will man ja auch gar nicht, dass Inhalte von den Plattformen verschwinden, sondern man möchte nur auch an den dadurch erzielten Einnahmen teilhaben. Insofern ist die Filterfunktion auch nicht das eigentliche Ziel der Richtlinie.
Aus Sicht der Betroffenen ist dieser Blickwinkel also genau richtig – im Visier die großen Konzerne aus dem Silicon Valley und deren milliardenschweren Einnahmen.
Aber bald schon kamen Kritiker mit ersten Bedenken.
Was ist mit zum Beispiel mit Wikipedia?
, lautete die Antwort.
Und was ist mit Startups?
Könnten denn Uploadfilter nicht die Meinungsfreiheit einschränken und hat es da nicht auch schon ein Urteil gegeben?
Diskreditierung statt Argumente
Als die Argumente gegen den schönen Plan immer zahlreicher wurden, ist man dann dazu übergegangen, die Kritiker zu diskreditieren. Erst waren sie der Mob oder Bots.
Dann waren sie eine sicher uninformierte und instrumentalisierte Jugend. Die väterliche Art mit der Axel Voss nach der Entscheidung seine Kritiker beruhigte mit den Worten,
ähnelt der Art, wie man einem weinenden Kind einreden möchte, dass die Schramme am Knie gar nicht so schlimm ist, um es zu beruhigen.Längst war der Punkt überschritten an dem man in grenzenloser Selbstüberschätzung eine Richtlinie auf jeden Fall durchpeitschen wollte. An dem man nicht mehr zuhören, sondern nur noch möglichst bald abstimmen wollte, um bis dahin nicht zu viele Stimmen im EU-Parlament einzubüßen.
Mehr Macht für die Internet-Platzhirsche
Wenn Herr Beckmann auf den Tweet von YouTube verweist und erklärt, dass es die, die man eigentlich hart treffen wollte, in Wahrheit gar nicht groß stört, dann würde ich mir an seiner Stelle Gedanken machen, ob nicht er selbst instrumentalisiert wurde. Denn nicht er als Urheber wird endlich zu seinem Recht kommen, sondern die Verwerter seiner Rechte. Und den etablierten Machthabern, den Spitzenpolitikern und oberen 1 % verhilft die Richtlinie dazu, mehr Kontrolle über das Netz zu erlangen. Die Internet-Riesen bauen ihre Vormachtstellung auch dank der neuen Richtlinie aus. Denn potentielle Konkurrenz muss jetzt eine Hürde mehr nehmen, um ein Geschäftsmodell zu entwickeln, dass sich gegen die heutigen Platzhirsche durchsetzen oder wenigstens neben ihnen bestehen kann.
Im Internet sind alle Urheber
Da der Begriff „urheberrechtlich geschütztes Werk“ auf so ziemliches alles zutrifft, was im Internet veröffentlicht wird, konzentriert sich die Macht auf wenige Plattformen. Private Projekte, die nicht auf Gewinn, sondern lediglich auf Kostendeckung ausgerichtet sind, werden immer unter dem Verdacht stehen, kommerziell zu handeln. Und deshalb gelten für sie die Regeln der Richtlinie genauso, wie für die großen Plattformen. Die Ausnahme gilt nämlich nur drei Jahre und kennt danach keine Untergrenze was den Jahresumsatz angeht.
Ich schwanke noch, ob das nur die Unwissenheit der Macher oder schlicht Absicht ist. Fakt ist, dass sich Herr Beckmann mit seinem Kommentar zum Steigbügelhalter macht und verkennt, welche Gefahr von dieser Richtlinie für die vielen Plattformen jenseits der „Internet-Giganten“ ausgeht.
Man muss sich mal vor Augen führen, dass jeder Text mit einer gewissen Schöpfungshöhe urheberrechtlich geschützt ist. Allein schon die simple Frage, ob ein Text eine Schöpfungshöhe erreicht, kann nicht automatisiert beantwortet werden. Und ob ein unbekannten Uploader selbst der Urheber eines Textes ist, kann niemand automatisiert feststellen.
Die Internet-Ausdrucker haben es vermasselt
Kennen die Macher der Richtlinie Plattformen wie GitHub? Wie soll man auf einer solchen Plattform die ganzen Forderungen aus der Richtlinie umsetzen?
Es ist halt dumm, wenn man denkt, alle anderen hätten keine Ahnung und man könne ihre Argumente ignorieren.
Diese Internet-Ausdrucker haben es total vermasselt. Sie denken, sie hätten nur ein paar jugendlichen Handy-Streichlern den Spaß verdorben und gezeigt, wie das wirkliche Leben ist.